🌿 Der innere Schatz – Über Fülle, Angst und das Erinnern an unser wahres Selbst

Heute hatte ich ein wunderbares Gespräch mit meiner Schwester. Wir sprachen darüber, wie sich unser Leben verändert hat, seit wir unseren Blickwinkel verändert haben – weg vom Mangel, hin zur Fülle. Uns ist beiden aufgefallen, wie sich so vieles öffnet, seit wir aufgehört haben, uns als Opfer von Situationen oder Menschen zu sehen. Es geht immer darum, unsere Kraft zu uns zurückzuholen.

Das bedeutet, sich zu fragen: Was kann ich in diesem Moment tun?
Oft liegen die Antworten direkt vor uns. Aber wir trauen uns selbst nicht. Wir haben Angst – vor dem Scheitern, vor dem Verlust, davor, nicht gut genug zu sein. Wir wollen sofortige Lösungen. Aber die eigentliche Frage ist: Wovor haben wir wirklich Angst?
Sind unsere Probleme wirklich real, oder sind sie Projektionen eines ängstlichen Geistes?

Kürzlich habe ich ein Interview mit Tom Cruise gehört, das mich tief beeindruckt hat. Er sprach über Angst und sagte:

„Mach dir keine Sorgen, wenn du Angst fühlst. Es ist okay – arbeite einfach weiter. Angst ist das Unbekannte. Es ist das, was du noch nicht verstehst. Erkenne das, und akzeptiere, dass du nicht alles wissen musst. Arbeite dich Schritt für Schritt ins Wissen hinein.“

Er erklärte, wie er sich selbst und andere trainiert:

„Zuerst lernst du krabbeln. Dann laufen. Dann joggen. Dann rennen. Dann sprinten.“

Ein einfaches, aber kraftvolles Bild für Wachstum.
Es geht nicht darum, alles auf einmal zu schaffen – sondern darum, sich zu fragen: Worin kann ich heute in mich investieren?
Es geht nicht um Perfektion. Es geht um Neugier, Präsenz und Fürsorge.
Was brauche ich, um mich genährt und lebendig zu fühlen?

Meine Schwester erzählte mir eine Geschichte, die mich sehr berührte.
Sie kannte eine Familie, die in großer Armut lebte. Das Haus war alt, abgewohnt. Um es zu renovieren, zerstörten sie antike Türen, Schränke und sogar einen kunstvoll bemalten Kachelofen – nicht wissend, dass diese Gegenstände einen hohen Wert hatten. Erst später erfuhren sie, was sie da unwissentlich vernichtet hatten.

Der Schatz lag direkt vor ihrer Nase – und sie konnten ihn nicht sehen.

Sie erzählte auch von einem Bauern, der frustriert war, weil auf seinem felsigen Land nichts wachsen wollte. Eines Tages kam ein älterer Mann vorbei – ein Gemmologe. Er erkannte sofort, dass es sich bei den „Felsen“ um wertvolle Edelsteine handelte. Der Mann bot dem Bauern einen fairen Preis für das Land – und der Bauer stimmte erleichtert zu.

Doch er hatte gerade einen Schatz verkauft, von dem er nichts wusste.

Wie oft passiert uns dasselbe?

Wir glauben, uns fehle etwas – dabei tragen wir den Reichtum bereits in uns.
Aber Angst und Selbstzweifel versperren uns die Sicht.
Wir vergleichen uns. Wir sagen: Wenn ich nur so wäre wie sie. Wenn ich nur besser wäre. Wenn ich nur mehr könnte…
So lebte ich viele Jahre.

Aber jeder Mensch hat seinen eigenen, einzigartigen Weg.
Wie Albert Einstein so weise sagte:

„Jeder ist ein Genie. Aber wenn du einen Fisch danach beurteilst, wie gut er auf einen Baum klettern kann, wird er sein ganzes Leben glauben, er sei dumm.“

Und auch:

„Wahnsinn ist, immer wieder dasselbe zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“

Wir können unsere Probleme nicht mit dem gleichen Denken lösen, das sie erschaffen hat.
Darum beginnt echte Veränderung nicht im Außen – sondern in unserer Wahrnehmung.
Wir müssen bereit sein, uns selbst ehrlich zu begegnen, unsere Muster zu hinterfragen und uns wieder mit unserem wahren Selbst zu verbinden.

Für mich waren zwei Lehrer besonders wichtig:
Byron Katie hat mir gezeigt, dass ich nicht mein verletztes Ego bin. Ihre vier Fragen haben mir geholfen, meine belastenden Gedanken zu entwirren.
Neville Goddard hat mich gelehrt, wie stark mein Unterbewusstsein mein Leben geprägt hat – und dass ich alles verändern kann, wenn ich meine inneren Gespräche verändere.

Warum habe ich bestimmte Dinge immer wieder erlebt?
Nicht zufällig. Sondern weil ich sie unbewusst fortgeschrieben habe.
Heute beobachte ich sie – und befreie mich Stück für Stück daraus.

Darum fühle ich mich heute so berufen, meine Erkenntnisse zu teilen.
Nicht, weil ich alles weiß – sondern weil ich diesen Weg gegangen bin.
Ich bin gefallen. Ich bin aufgestanden. Ich habe Werkzeuge gefunden, die mir geholfen haben, wieder bei mir selbst anzukommen.
Und ich weiß: Wenn ich es schaffen konnte, kannst du das auch.

Der Schatz liegt bereits in dir.
Du musst ihn nicht verdienen. Nicht beweisen. Nicht jagen.
Du musst dich nur wieder erinnern.

🔥 Die Rückkehr zur inneren Flamme: Ein Weg durch Dunkelheit zur Freiheit

„Um unser Verhalten zu ändern, müssen wir unsere Gefühle ändern. Und um unsere Gefühle zu ändern, müssen wir unsere Gedanken ändern.“
– Dr. Edith Eva Eger

Kürzlich hörte ich ein Interview mit Dr. Edith Eva Eger, einer jüdischen Frau, die den Holocaust überlebt hat. Ihre Geschichte hat mich tief bewegt. Was mich besonders beeindruckt hat, war ihre unerschütterliche Resilienz und die Botschaft, die sie heute mit der Welt teilt: Ganz gleich, was wir erlebt haben – wir sind nicht zerbrochen. Wir können unser Leben verändern, und zwar damit, wie wir denken.

Diese Botschaft steht auch im Zentrum dessen, was Neville Goddard und Byron Katie lehren: Wenn wir eine neue Welt erleben wollen, müssen wir zuerst lernen, die Welt durch neue Augen zu sehen. Wir sind keine festgelegten Identitäten – wir sind geprägt von Gedanken, Gewohnheiten und Glaubensmustern. Und genau die können wir verändern.

„Jeder trägt seine eigene Hölle in sich.“ – Vergil

Natürlich kann und darf keine persönliche Geschichte mit dem unvorstellbaren Leid des Holocaust verglichen werden. Aber ich glaube, wir alle tragen unsere eigene stille Geschichte in uns – einen inneren Schmerz, Erfahrungen, die unser Selbstbild und unsere Wahrnehmung der Welt geprägt haben. Manche nennen es Trauma, andere einfach Leben. Was uns verbindet, ist die Frage: Wie gehen wir damit um?


🌿 Wo alles begann

Ich bin in einer spirituellen Gemeinschaft aufgewachsen, die mit der Hare-Krishna-Bewegung verbunden war. Von außen sah es vielleicht friedlich oder sogar idealistisch aus. Doch innen herrschten strikte Regeln, ein starker Glaube – und oft fehlende Grenzen, besonders für Kinder wie mich. Mein Leben war streng organisiert, ich wechselte oft die Tempel und Internate, und ich bemühte mich immer, das „gute Mädchen“ zu sein – angepasst, unauffällig, stark.

Als ich zehn Jahre alt war, kehrte ich von einem Krishna-Internat in Frankreich zurück nach Schweden. Ich war froh, wieder bei meiner Familie zu sein. Aber tief in mir wusste ich nicht, wo ich wirklich hingehörte. Die Beziehung zwischen meiner Mutter und ihrem Mann war angespannt, und ich versuchte oft, die Stimmung zu retten. Ich kümmerte mich um meine jüngeren Geschwister, und meine eigenen Bedürfnisse stellte ich stillschweigend zurück.


💔 Eine Flamme, die schwächer wurde

Kurz darauf passierte etwas, das mein Verhältnis zu Liebe, Scham und Angst für viele Jahre prägen sollte. Ein junger Mann aus dem Tempel begann, mich heimlich zu umwerben. Kleine Zettel in meinen Schuhen, heimliche Treffen – für ein einsames Kind wirkte es wie Aufmerksamkeit, vielleicht sogar wie Zuneigung. Aber ich war gerade einmal elf Jahre alt.

Als es herauskam, wurde nicht gesprochen oder erklärt. Stattdessen bekam ich das Gefühl, dass ich die Schuldige war. Es wurde sogar darüber diskutiert, ob ich den Mann heiraten sollte – mit elf! Letztlich wurde ich erneut nach Frankreich geschickt – „zu meinem eigenen Schutz“. Aber niemand erklärte mir, dass ich nichts falsch gemacht hatte. Niemand sagte mir, dass ich einfach nur ein Kind war.

Diese Scham begleitete mich über viele Jahre. Sie formte, wie ich mich selbst sah, und wie ich mich in Beziehungen verhielt. Ich wurde zur People-Pleaserin, stellte mich selbst zurück, weil ich Angst hatte, zu viel zu sein. Guilt wurde zu einem stillen Begleiter, der mir einflüsterte: „Du bist nicht liebenswert. Du bist das Problem.“


🌱 Der Entschluss zur Heilung

Dieses Gefühl – dass etwas grundlegend mit mir nicht stimmt – beeinflusste viele meiner späteren Entscheidungen. Ich heiratete jung, nicht aus Liebe, sondern weil man mir sagte, dass es das Richtige sei. Bis heute kenne ich viele Menschen – besonders Frauen – die in Jobs, Beziehungen oder alten Glaubenssystemen verharren, aus demselben Grund: Angst.

Angst, egoistisch zu sein. Angst vor Veränderung. Angst, dass sie nicht mehr verdient haben.

Aber irgendwann fing meine innere Flamme wieder an zu flackern. Ich begann, neue Fragen zu stellen:
Was, wenn ich gar nicht kaputt bin?
Was, wenn ich Liebe nicht verdienen muss?
Was, wenn ich meinen eigenen Weg wählen darf?

Es war nicht leicht. Heilung ist nie leicht. Aber ich fand Inspiration in Stimmen wie Byron Katie, die sagt:

„Nichts, was du glaubst, ist wahr. Zu wissen, dass das so ist, bedeutet Freiheit.“

Oder Dr. Eger, die sagt:

„Am Ende ist nicht entscheidend, was uns widerfährt – sondern, was wir daraus machen.“


✨ Was ist deine innere Flamme?

Wir alle tragen Schmerz in uns. Aber wir alle tragen auch Stärke in uns.

Diese Stärke zeigt sich in dem Moment, in dem wir uns entscheiden, neu zu beginnen. Wenn wir aufhören, auf Erlaubnis zu warten – und anfangen, uns selbst zu wählen. Wenn wir erkennen, dass da mehr ist, jenseits der Dunkelheit. Eine Stimme, die flüstert: „Geh weiter.“

Wir müssen nicht den Traum leben, den man uns gegeben hat. Wir können unseren eigenen träumen – und ihn auch leben.

Daher frage ich dich:
Was ist deine innere Flamme?
Wo hast du sie verloren?
Und wie willst du sie heute am Leben erhalten?

Die innere Flamme lebendig halten

Nachdem ich über die Rückkehr zur inneren Flamme geschrieben hatte, stellte ich mir die Frage: Was braucht es eigentlich, um sie am Leben zu erhalten? Sich daran zu erinnern, wer wir sind, ist das eine – aber wirklich aus diesem inneren Ort heraus zu leben, ist etwas ganz anderes. Es braucht tägliche Übung. Denn wenn wir es gewohnt sind, auf eine bestimmte Weise zu denken, neigen wir dazu, dorthin zurückzukehren.

Heute Morgen wachte ich auf und spürte eine innere Unruhe. Und obwohl ich besser weiß, wie ich mit solchen Momenten umgehen kann, war es heute ein echter Kampf, mich nicht von meinen Gefühlen und Gedanken kontrollieren zu lassen. Ich kenne diese Momente. Heute weiß ich: Ich lasse sie einfach vorbeiziehen. Früher hätte ich gedacht, ich müsse diesen unangenehmen Tag einfach akzeptieren – heute habe ich viele Male erfahren, dass sie wie Nebel verschwinden, wenn ich ihnen keinen Widerstand entgegensetze.

Ich habe gelernt, dass sie, so real sie auch erscheinen mögen, mir nichts anhaben können. Und es ist okay, wenn es weh tut. Der Punkt ist, keine Angst vor der Angst zu haben.

Ein wunderschönes Zitat aus dem Tao Te King hat mir oft geholfen:
„Lass dich treiben – das Leben ist eine Reihe natürlicher und spontaner Veränderungen. Widerstand erzeugt nur Leid. Lass die Realität Realität sein. Lass die Dinge auf natürliche Weise voranschreiten – auf welche Weise auch immer.“

Gerade wenn das Leben chaotisch wird und wir unter den Umständen leiden, die wir (bewusst oder unbewusst) miterschaffen haben, ist es entscheidend, den Blick nach innen zu richten. Uns selbst nicht zu verlieren in Dingen, die wir im Außen nicht kontrollieren können. Denn wir selbst sind der Ursprung aller Ursachen.

Das wurde mir besonders klar, als mein langjähriger Partner mich verließ – in jener Wohnung, die wir gerade gemeinsam gekauft hatten. Wir hatten Pläne. Ich wollte eine Ausbildung beginnen. Er sagte oft, ich sei der wichtigste Mensch in seinem Leben. Und plötzlich war er weg – auf Reisen.

Einerseits war es eine Erleichterung. Unsere Beziehung war kraftzehrend. Wir waren wie die Bettler, von denen Osho spricht.
«Zwei Menschen, die beide um Liebe betteln – das ist wie zwei Bettler, die sich gegenseitig ihre leeren Schalen entgegenhalten.»
Es ist, als würde man essen – und gleichzeitig immer hungriger werden.

Und das gilt nicht nur für Liebe. Es gilt für alles, was wir im Außen suchen, um uns im Inneren besser zu fühlen. Ich dachte, wenn mein Partner mich endlich richtig lieben würde, wäre ich erfüllt. Er dachte, sein Glück liegt irgendwo da draußen – und floh nach Thailand, zu einer neuen Frau. Ich blieb zurück.

Die alte Wunde kam hoch – dieselbe, die ich als Kind erlebt hatte, wenn ich verlassen wurde. Ich kämpfte um diese Beziehung – aber alles, was ich verlor, war ich selbst.

Und doch war dieser Schmerz der Beginn einer Reise. Ich suchte nicht länger im Außen. Ich suchte mich. Ich fand das Mädchen in mir wieder, das einst so lebendig war. Ich fand meine Flamme wieder. Und ich heilte mein inneres Kind.

Heute verstehe ich, was Neville Goddard meint, wenn er sagt:
„Diejenigen, die nach Liebe suchen, machen nur ihre eigene Lieblosigkeit sichtbar – und die Lieblosen finden niemals Liebe.“

Heute stehe ich in meiner Kraft. Ich warte nicht mehr darauf, dass jemand mir meinen Wert bestätigt. Ich weiß ihn. Ich kenne mein Licht. Und ich halte die Flamme selbst am Leben.

Den Funken wiederfinden

Ich hörte einmal jemandem sagen, dass wir alle, als wir klein waren, eine brennende Flamme in uns trugen. Kinder sind von Natur aus glücklich und neugierig. Sie fühlen nicht, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Sie spielen und träumen davon, alles sein oder haben zu können.

Ich arbeite mit Kindern und beobachte sie jeden Tag. Ich sehe, wie sie spielen und sich darin üben, erwachsen zu werden. Es ist interessant, ihnen zuzuhören. Ich kann genau erkennen, wie sie durch ihr Zuhause oder andere Bezugspersonen geprägt werden.

Doch mit dem Erwachsenwerden wird die Flamme, die einst so hell in uns brannte, oft kleiner. Uns wird gesagt, wir sollen aufhören zu träumen und realistisch werden. Wie oft enden Menschen damit, etwas zu tun, das sie nicht wollten, nur weil ihnen davon abgeraten wurde, ihrem Herzen zu folgen?

Wie oft wurde uns als Kinder gesagt, dass wir „zu dies“ oder „zu das“ sind? Hör auf, faul zu sein. Mach, was ich dir sage – sonst bist du nicht richtig. Ich erinnere mich an solche Momente. Vor allem bei den älteren Generationen, die durch ihre Lebensumstände selbst nicht tun konnten, was sie wollten. Man lebt dann oft ein Leben, in dem man vergisst, wer man eigentlich einmal sein wollte. Und langsam aber sicher wird die Flamme, die einst brannte, klein und kaum noch zu erkennen.

Auch ich musste meine Flamme wiederfinden – nach vielen Jahren, in denen ich einfach nur tat, was mir gesagt wurde. Erst in meiner Kindheit, dann in meiner Ehe. Ich musste herausfinden, dass ich Rechte habe.

Ich erinnere mich, wie ich mit neun Jahren von meiner Mutter in ein Krishna-Internat nach Frankreich gebracht wurde. Der Tempel in Schweden hatte keine Schule für uns Kinder. Ich war bereits auf vielen öffentlichen Schulen gewesen, und es war sehr stressig für mich. Also fuhren wir nach Frankreich – meine Mutter, mein Bruder, mein Stiefvater und ich – in einem VW-Käfer. Wir übernachteten bei Freunden, und ich erinnere mich, wie ich dort den Film „I’m Singing in the Rain“ mit Fred Astaire tanzend sah. Eine der letzten weltlichen Erfahrungen für eine lange Zeit. Ein kleiner Schwarz-Weiß-Fernseher.

Als meine Mutter mich einen Monat später verließ, wusste ich, ich musste stark sein. Ich wollte es ihr nicht noch schwerer machen. Ich hörte auf, mich um meine eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Die Bedürfnisse anderer wurden wichtiger. Dabei hätte ich mir nichts sehnlicheres gewünscht, als mit ihr im Auto zurück nach Hause zu fahren.

Doch ich entschied mich, das zu erfüllen, was ich für meine Pflicht hielt. Das war der Beginn eines langen Musters in meinem Leben, andere und ihre Bedürfnisse über meine eigenen zu stellen. Wenn ich jemals darüber nachdachte, meinen Raum einzunehmen, mich selbst zu verteidigen oder für mich einzustehen, kamen Schuldgefühle. Schuld und Scham – zwei große Schatten, die viele Menschen in sich tragen. Und doch haben sie noch nie jemandem geholfen, sich wirklich besser zu fühlen.

Ich fand in Frankreich meine Nischen, kleine Inseln des Trostes, während ich nachts weinte, mich einsam fühlte. Niemand war da, auf den ich mich stützen konnte – ich musste lernen, mich auf mich selbst zu verlassen. Doch als Kind weiß man nicht wirklich, wie das geht.

So entsteht nach und nach ein inneres Bild von sich selbst. Ich dachte, ich müsse alles richtig machen, damit man mich liebt. Und so entfernen wir uns Schritt für Schritt von der Flamme, die einst in uns brannte.

Als Erwachsene kreisen unsere Gedanken in Schleifen alter Glaubenssätze – so laut, dass wir uns selbst nicht mehr hören. Wir haben verlernt, unsere Muster zu hinterfragen. Verlernt, im Regen zu tanzen oder uns über die kleinen, wundervollen Dinge zu freuen.

Dabei gibt es so viele davon.

Stattdessen konzentrieren wir uns auf das Schwere, das Belastende. Und vergessen zu fragen: Was würde ich stattdessen erleben wollen? Ein Kind fragt nicht – es stellt sich das Leben vor, wie es sein soll. Ohne Logik, ohne „man darf nicht“.

Wenn wir glücklich sein wollen, müssen wir zu dieser inneren Stimme zurück. Zu dem Ort, an dem wir uns einst verloren – und uns wiederfinden dürfen. Je mehr wir die Monster der Vergangenheit mit Angst und Zweifel füttern, desto größer werden sie.

Deshalb müssen wir sie beobachten lernen. Erkennen, dass wir es sind, die sie beobachten – dass wir die sind, die fühlen. Und genau darin liegt unsere Macht: Zurückzukehren zur ursprünglichen Flamme, die stark, warm und klar in uns brennt.

Denn es gibt keinen Weg zum Glück. Wir selbst sind der Weg zum Glück.

Raus aus der Blase – Ein Schritt in mein neues Leben

Es gab eine Zeit in meinem Leben, in der ich nichts über die Welt da draußen wusste. Ich war 30 Jahre alt, eine Frau ohne formale Bildung, ohne Status und ohne wirkliche Erfahrung im Umgang mit dem Leben außerhalb der Gesellschaft, in der ich aufgewachsen war. Meine Welt war klein und streng geregelt.

Als ich als junges Mädchen in die Schweiz kam, wurde ich der Küche zugewiesen. Ich konnte damals nicht kochen – aber ich lernte schnell. Manchmal kochten wir die ganze Nacht hindurch, und obwohl ich oft erschöpft war, wurde ich eine hervorragende Köchin. Ich reiste sogar nach Indien, um dort die Kochkunst zu erlernen. Ich hatte also viel geleistet. Aber auf dem Papier konnte ich nichts vorweisen – kein Diplom, keine offizielle Ausbildung.

Mein Sohn war damals etwa neun Jahre alt. Ich war seit 17 Jahren verheiratet. Ich betreute Kinder und verteilte Werbeflyer. Damals dachte ich, es gäbe keinen besseren Job für jemanden wie mich. Ich akzeptierte das, was das Leben mir anbot – so wie ich es gelernt hatte. Ich dachte, es sei normal, sich jeder Autorität unterzuordnen. Selbst als meine damalige Chefin mich schlecht behandelte, verteidigte ich mich nicht. Mein Mann tadelte mich oft, weil er nicht verstand, warum ich nicht für mich einstehen konnte. Aber es lag nicht an mangelndem Mut – es war reine Prägung. Ich hatte Gehorsam gelernt, nicht Selbstbestimmung.

Als mein Sohn zur Schule ging, kam ich mehr mit der Außenwelt in Kontakt. Langsam wuchs in mir der Wunsch nach Unabhängigkeit. Ich erinnere mich, wie ich eine Frau traf, die allein Pizza aß. Sie hatte sich gerade von ihrem Mann getrennt. Ich war fasziniert von ihrer Freiheit. Sie hatte eigenes Geld, eigene Zeit und genoss ganz einfach ein ruhiges Essen – für mich war das ein unvorstellbarer Luxus.

Doch der Schritt hinaus in die Welt war nicht leicht. Ich ging von einem Amt zum nächsten, bat um Unterstützung. Aber da ich keine Papiere hatte, wurde ich ständig weitergeschickt.

Eines Morgens, entmutigt, aber entschlossen, schlug ich die Zeitung auf und sah eine Stellenanzeige: eine Verkäuferin für das exklusivste Schokoladengeschäft in Zürich wurde gesucht.

Etwas in mir regte sich. Ich war nervös, aber ich rief an. Der Mann am Telefon hatte eine freundliche, fröhliche Stimme. Ich sagte ihm, dass ich mich auf die Stelle bewerben wollte. Er lachte und sagte: „Morgen ist der 9.9.99 – kommen Sie um 9:00 Uhr.“ Es fühlte sich wie ein Zeichen an.

Ich kam in einem langen Kleid mit geflochtenem Zopf. Er begrüßte mich herzlich und lud mich in sein Büro ein. Er fragte mich, ob ich schon einmal im Verkauf gearbeitet hätte. Ich verneinte und erzählte ihm, dass ich als junge Frau oft vor den Schaufenstern des Ladens gestanden hatte und dachte, ich wäre eine gute Kandidatin – ich kannte mich gut mit indischen Süßigkeiten aus und wollte wirklich arbeiten.

Er sah mich an und sagte: „Also, es ist offensichtlich, dass Sie nichts wissen – aber ich finde es mutig, dass Sie sich getraut haben, hierherzukommen. Ich bin nur noch ein Jahr für das Personal zuständig, und ich möchte Ihnen die Chance geben. Sie wirken ehrlich und liebenswürdig.“ Er fragte, ob ich irgendwelche Unterlagen hätte. Ich hatte nichts. Später mussten wir ein paar Papiere improvisieren – aber es klappte.

Er entschied sich, mich am Flughafen in den Transitbereich zu versetzen – dort hatte ich keinen direkten Vorgesetzten. Die weiblichen Filialleiterinnen waren manchmal streng und erwarteten Perfektion. Er sagte den Frauen dort, sie sollten mich einarbeiten.

Und das taten sie. Am Anfang dachten sie, ich käme von einem anderen Planeten – aber als sie mich und meine Geschichte kennenlernten, waren sie freundlich und unterstützend.

Dieser Job war der Anfang meiner Emanzipation. Ich begann, alles hinter mir zu lassen, was mir einst Sicherheit gegeben hatte – und was mich gleichzeitig zurückgehalten hatte. Ich trat in etwas völlig Neues ein.

Ich erinnere mich, wie meine Schwester einmal sagte: „Keine Entscheidung zu treffen, ist die einzige falsche Entscheidung.“

Und sie hatte recht.

Ja, es war beängstigend. Aber ich weiß heute: Hätte ich damals diesen Schritt nicht gewagt, wüsste ich nicht, wo ich heute wäre.

Und genau das ist der Punkt: Manchmal sind es die schweren Entscheidungen, die der Anfang eines neuen Lebens sind.

Auch harte Zeiten können sich als Segen erweisen – wenn wir den Mut haben, ins Ungewisse zu gehen.

Jenseits der Blase – Mein Weg zurück zu mir

Es gab eine Zeit in meinem Leben, da lebte ich einfach von Tag zu Tag – als wäre ich in einer Blase gefangen. Alles, was ich sah, war durch diese Blase gefiltert – durch die Linse meiner Vergangenheit, meiner Prägungen und meines eingeschränkten Selbstbildes. Es erinnert mich an den Film Die Truman Show mit Jim Carrey. Sein ganzes Leben war von Kindheit an inszeniert – seine Familie, seine Freunde, selbst sein Job – alles ein sorgfältig geplantes Bühnenstück. Doch Truman wusste es nicht besser, denn er hatte nie etwas anderes gesehen.

Trotzdem begann etwas in ihm zu erwachen. Er spürte, dass etwas fehlte. Und obwohl er Angst hatte, wagte er sich auf die Suche nach der Wahrheit. Das war der Moment, in dem sich alles veränderte.

In vieler Hinsicht war ich Truman.

Die Welt, in der ich aufgewachsen bin, war voller Regeln und Rituale. Man brachte mir bei, dass alles gut sei, solange ich gehorchte. Mein Leben wurde von Autoritäten bestimmt, und ich hatte nie gelernt, selbst Entscheidungen zu treffen. Ich glaubte, ich bräuchte andere, um mir zu sagen, was ich tun und wie ich denken sollte. So tief saß der Glaube, mir selbst nicht vertrauen zu können.

Es war einfacher, in einem System zu leben, das mir sagte, wer ich war. Meine einzige Verantwortung war es, mich anzupassen. Und doch – wie Truman – spürte ich, dass das nicht alles sein konnte. Ich wollte nicht nur überleben. Ich wollte leben.

Als ich meinen ersten Ehemann verließ, wusste ich nicht, wie ich außerhalb des Systems, das ich kannte, funktionieren sollte. Ich hatte keine Werkzeuge, keine Ausbildung, keine Erfahrung darin, eigenständig zu leben. Die Gespräche mit meinen Freunden drehten sich damals immer wieder um die gleichen Themen – insbesondere um den Mangel an Liebe. Wir erzählten uns gegenseitig unsere Geschichten, als gäbe es keine andere Realität. Ich glaubte fest daran: Wenn ich nur den richtigen Partner finden würde, dann würde sich endlich alles fügen.

Aber nach meinen letzten beiden Beziehungen wurde mir klar: Es lag nicht nur an ihnen. Der Schmerz, den ich fühlte, saß tiefer. Diese Männer waren Spiegel – sie zeigten mir meine eigenen, ungeheilten Wunden.

Ich begann zu erkennen, dass ich immer noch aus dem Glauben heraus lebte, nicht gut genug zu sein. Dass ich Liebe verdienen müsste. Dass ich mich mit dem abfinden müsste, was mir gegeben wurde. Und vor allem: Dass die Lösung außerhalb von mir läge. Ich war so sehr auf die Lösung im Außen fixiert, dass ich nicht sah, was ich bereits in mir trug.

Erst in den letzten Jahren begann ich klar zu sehen. Ich saß in der Stille und erkannte: Ich bin nicht zerbrochen. Ich bin nicht hilflos. Und ich bin nicht dem Verhalten oder der Meinung anderer ausgeliefert.

Wie Byron Katie sagt, müssen wir unsere Gedanken hinterfragen. „Kannst du dir absolut sicher sein, dass das wahr ist?“ fragt sie. So oft sind die Dinge, die wir glauben, nur Geschichten – so lange wiederholt, dass sie sich wie Realität anfühlen.

Neville Goddard schrieb: „Versuche nicht, andere zu verändern – sie sind nur Boten, die dir zeigen, wer du bist. Bewerte dich neu, und sie werden die Veränderung bestätigen.“ Diese Wahrheit musste ich selbst erfahren. In dem Moment, in dem ich begann, mich selbst neu zu bewerten, veränderte sich auch mein Umfeld.

Natürlich bleibt das Leben eine Reise. Es bringt weiterhin Herausforderungen mit sich. Aber heute, wenn ich merke, dass die alten Geschichten wieder auftauchen – die vertrauten Stimmen von Angst, Zweifel oder Unzulänglichkeit – halte ich inne. Ich setze mich in die Mitte des Sturms und erinnere mich: Ich bin die Quelle meines Friedens.

Und du bist es auch.

Ein stiller Moment der Verbindung

Es war ein milder Frühlingsabend, erfüllt vom Zwitschern der Vögel und dem leisen Summen der Hummeln. Meine Schwägerin und ich spazierten durch die ruhige Umgebung meines Zuhauses. Ich spürte, dass sie etwas auf dem Herzen hatte – etwas, das in ihr gereift war und nun ausgesprochen werden wollte.

Wir fanden eine ruhige Bank und setzten uns. Nach einer Weile des Schweigens sah sie mich an und sagte:
„Weißt du… ich glaube wirklich, dass meine Krankheit ein Segen im Verborgenen war.“

Ich blickte sie sanft an. „Wie meinst du das?“

Sie erzählte mir, wie schwer das vergangene Jahr für sie gewesen war – körperlich, emotional, seelisch. Doch mitten im Zusammenbruch sei etwas Wesentliches in ihr zum Vorschein gekommen.
„Wenn du gezwungen bist, stehenzubleiben“, sagte sie, „erkennst du, wovor du weggelaufen bist. Ich dachte früher, ich müsse als Mutter und Ehefrau alles perfekt machen. Alles unter Kontrolle halten. Aber jetzt… möchte ich einfach nur leben. Den Moment spüren. Glück über Leistung stellen.“

Ich nickte, tief bewegt.
„Wir geben so viel von uns selbst – besonders als Frauen. Aber wenn wir dabei unsere Freude verlieren, verlieren wir auch das, was allem Bedeutung verleiht. Das größte Geschenk, das wir unseren Kindern machen können, ist unsere eigene Erfüllung. Damit zeigen wir ihnen, was möglich ist.“

Sie lächelte, dann sagte sie:
„Wusstest du, dass man sein Gehirn tatsächlich darauf trainieren kann, das Leben anders zu sehen?“

„Ja“, antwortete ich. „Neville Goddard beschrieb das Unterbewusstsein oft als einen Garten. Es entscheidet nicht selbst, was wächst – es bringt nur hervor, was wir hineinpflanzen. Wenn wir etwas Neues erblühen lassen wollen, müssen wir bewusst andere Samen säen.“

Ich erklärte ihr, wie besonders unsere Kindheitserfahrungen die Brille prägen, durch die wir die Welt sehen.
„Wenn wir unsere Aufmerksamkeit nicht zurückfordern“, sagte ich, „dann schreiben unsere alten Ängste immer weiter unser heutiges Leben.“

Ich erzählte ihr eine kleine Geschichte – von einem alten Paar Kopfhörer mit Kabel, das ich oft beim Arbeiten trug. Ständig blieb ich irgendwo hängen, also gewöhnte ich mir bestimmte Bewegungen an, um das zu vermeiden. Später kaufte ich mir kabellose Kopfhörer – und doch bewegte ich mich wochenlang weiter so, als wäre das Kabel noch da.
„So tief sitzen unsere Konditionierungen. Selbst wenn uns nichts mehr hält, verhalten wir uns, als ob es noch so wäre.“

Ihre Augen leuchteten.
„Es ist Zeit für eine neue Version von mir“, sagte sie. „Ich habe immer davon geträumt, einen Platz auf dem Land zu haben, um mich um Hunde zu kümmern. Es ist einfach… aber es ist mein Traum.“

„Es gibt mehr im Leben, als zu arbeiten und Rechnungen zu bezahlen“, antwortete ich. „Aber um das zu erleben, müssen wir unsere Sicht auf uns selbst verändern. Alles im Außen beginnt im Inneren.“

Wir sprachen darüber, wie leicht es ist, die eigenen Träume aus den Augen zu verlieren – aus Pflichtgefühl, aus Angst, aus Gewohnheit. Und wie viele Frauen eines Tages aufwachen und erkennen, dass sie ihr eigenes Glück irgendwo unterwegs verloren haben.
Aber wenn wir lernen, uns selbst Priorität zu geben, zeigen wir unseren Kindern etwas ganz Wertvolles:
Dass es sich lohnt, für die eigene Freude einzustehen.
Dass es sich lohnt, dem eigenen Herzen zu folgen.

Die Sonne neigte sich dem Horizont zu, goldenes Licht fiel durch die Bäume. Wir zogen unsere Jacken etwas enger, der Abend wurde kühl.
Wir standen auf, schauten uns an und umarmten uns.

„Lass uns gegenseitig daran erinnern“, sagten wir,
„das zu leben, was uns wirklich wichtig ist.“

Als sie davonlief, spürte ich ein stilles Feuer in mir brennen. Dankbarkeit. Liebe. Und ein neues Gefühl von Klarheit.

Ich wusste, ich war bereit, weiterzuschreiben.
Meine Geschichte zu teilen.
Andere zu inspirieren, wieder in Kontakt mit ihrer eigenen inneren Freiheit zu kommen.

Denn der Traum muss nicht warten.
Er beginnt mit einer einzigen Entscheidung:
Ihn zu leben – jetzt.

Die Wahrnehmung: Der stille Autor unseres Lebens

Diese Frage stelle ich mir oft. Und wenn die Antwort ja ist – und ich glaube, dass sie es ist – dann wird es entscheidend, herauszufinden, was unserem inneren Frieden wirklich im Weg steht. Wenn sich bestimmte Muster im Leben wiederholen – sei es in Beziehungen, im Beruf, mit Geld oder Erfolg – dann sollten wir innehalten und uns fragen: Was will mir das über mich selbst zeigen?

Denn alles, was wir erleben, beginnt mit der Art, wie wir wahrnehmen. Unsere Welt ist nicht nur durch Tatsachen geprägt, sondern vor allem durch die Brille, durch die wir diese Tatsachen betrachten – was wir darüber denken, wie wir uns dabei fühlen, und welche inneren Gespräche wir lebendig halten. Wie in einem Theaterstück spielen wir jeden Tag unsere Rolle. Aber wer hat das Skript geschrieben? Wer führt Regie? Und sind wir uns bewusst, welche Rolle wir gewählt haben?

Neulich war ich mit einer Kollegin in einer Arbeitsgruppe – eine fleißige, kreative Frau, die ihre Arbeit ernst nimmt. Sie bewegte sich schnell, effizient, wischte die Tische ab, bevor ich überhaupt helfen konnte. Obwohl ich fragte, wie ich unterstützen könne, blieb kaum Raum, mich einzubringen.

Auf den ersten Blick mag das unbedeutend erscheinen. Aber es löste etwas Tiefes in mir aus – alte Gefühle, überflüssig, nutzlos, unsichtbar zu sein. Ich erkannte das Muster sofort. Sie erinnerte mich an die strengen Lehrer meiner Kindheit – jene, die mir das Gefühl gaben, nicht gut genug zu sein, deren Kritik mich in Unsicherheit zurückließ.

Und in diesem Moment, ohne es zu merken, rutschte ich wieder in die Rolle des kleinen Mädchens. Ich ließ die Vergangenheit in der Gegenwart weiterspielen.

Ja, Menschen haben ihre Eigenarten und ihr Verhalten. Aber die Macht, die wir diesem Verhalten geben – das liegt bei uns. In dem Moment, in dem ich ihre Meinung über meinen eigenen Selbstwert stellte, gab ich ihr meinen inneren Frieden. Das ist das Podest, das wir anderen so oft bauen – ohne zu merken, dass wir dabei selbst hinabsteigen.

Später in der Woche brachte ein weiteres kleines Erlebnis große Klarheit. Ich überquerte gerade die Straße, als ein Mann beschleunigte und direkt vor meinen Füßen bremste. Instinktiv hob ich die Hand – ein kleines Zeichen des Ärgers. Er hupte laut zurück. Es erschreckte mich, und dann machte es mich wütend. Ich ging verärgert weiter.

Aber je öfter ich die Szene im Kopf wiederholte, desto mehr fragte ich mich: Warum halte ich das noch fest? Er war längst weitergefahren. Und doch trug ich ihn immer noch mit mir herum – in meiner Brust, in meinem Kopf, in meiner Stimmung. Ich hatte das Gift geschluckt, in der Hoffnung, dass er daran leidet.

Sadhguru sagte einmal: „Wut festzuhalten ist wie Gift zu trinken und zu hoffen, dass der andere daran stirbt.“ Dieses Zitat ist mir geblieben.

Also traf ich eine bewusste Entscheidung: Ich nahm weder diesen Mann noch die Kollegin mit in mein Wohnzimmer am Abend. Ich ließ sie an der Tür stehen – als Akt der Selbstliebe.

Dort beginnen Grenzen – nicht mit Schuldzuweisungen, sondern mit Bewusstsein.

Wenn wir unsere Gedanken nicht hinterfragen, werden wir zu Gefangenen unserer eigenen Wahrnehmung. Deshalb liebe ich Byron Katies vier Fragen:

  1. Ist es wahr?

  2. Kann ich mit absoluter Sicherheit wissen, dass es wahr ist?

  3. Wie reagiere ich, wenn ich diesen Gedanken glaube?

  4. Wer wäre ich ohne diesen Gedanken?

Diese Fragen sind wie Schlüssel zur Tür des inneren Friedens.

Es geht nicht darum, zu verleugnen, was passiert. Sondern darum, wie wir damit umgehen. Wie Neville Goddard lehrt: Die äußere Welt spiegelt unsere innere Welt. Wenn ich also denke: „Der Verkehr wird immer schlimmer, die Menschen werden aggressiver“, dann muss ich mich fragen – halte ich diese Geschichte vielleicht unbewusst in mir lebendig?

Alles, was wir erleben, wird durch unsere Bewusstheit gefiltert. Unsere kleine „Blase“ der Realität wird durch den Ort geformt, an dem wir in Gedanken und Gefühlen verweilen.

Und so führt der Weg zurück zum Frieden nicht über das Reparieren der Welt da draußen – sondern über die Frage an uns selbst: Was glaube ich noch? Und möchte ich das weiter glauben?

Denn die Kraft liegt immer in uns.

Der Samen muss gepflanzt werden

Es gibt Tage, an denen ich mich frage: Wer bin ich, um über Veränderung, Bewusstsein oder innere Freiheit zu sprechen?
Mein alter Gewohnheitsgeist weiß noch genau, wie er sich heranschleichen kann – leise, vertraut, und versucht mich zurück in eine alte Version meiner selbst zu ziehen. In diesen Momenten frage ich mich: Bin ich wirklich schon weitergekommen als das?

Ich höre das Flüstern:
„Lass es bleiben. Du kannst nicht schreiben. Niemand wird lesen, was du zu sagen hast.“
Diese Stimme fühlt sich an wie ein alter Mantel – schwer und abgetragen, aber seltsam tröstlich. Es ist verlockend, sich wieder in diesem alten Ich zu verstecken: klein zu spielen, sich unsichtbar zu machen, hinter dem Vorhang zu bleiben.

Aber das wäre der wahre Schmerz.
Mich selbst zu belügen würde mehr wehtun als alles, was ich durch ein Versuchen verlieren könnte.

Ich habe oft prokrastiniert. Mir selbst eingeredet, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt ist. Dass ich kein Geld, keine Energie, keine Bestätigung, kein Publikum habe.
Ich sagte mir: „Erst der Haushalt. Dann einkaufen. Vielleicht schreibe ich danach.“
Aber wieder vergeht ein Tag. Und nichts verändert sich – weil ich mich nicht verändert habe.

Der Moment zum Handeln ist nie „später“. Er ist immer jetzt.

Wir schieben aus Angst hinaus – aus der Illusion heraus, dass Sicherheit besser sei als Wachstum.
Doch meistens ist genau das, was uns Angst macht, das, was wir wirklich tun sollen.
Und ich weiß: Ich soll schreiben.

Vielleicht erreicht meine Geschichte jemanden, der sie hören muss.
Vielleicht hilft das, was ich gelernt habe, einer anderen Frau, ihren ersten Schritt aus der Angst zu machen.
Aber wie soll ich das je erfahren – wenn ich es nicht teile?

Ich habe beschlossen: Es gibt kein Zurück.
Das ist mein neues Ich.
Die, die sich traut.
Die, die veröffentlicht.
Die, die schreibt – nicht um zu beeindrucken, sondern um auszudrücken.

Vielleicht werde ich kritisiert. Vielleicht bekomme ich Dankbarkeit.
Beides lässt mich wachsen.

Byron Katie sagt: „Nicht die Welt ist das Gefängnis – sondern unsere Gedanken über die Welt.“
Und Neville Goddard erinnert uns: Selbst wenn wir um die ganze Welt reisen, nehmen wir unser inneres Gefängnis mit – solange wir nicht in uns selbst frei geworden sind.

Und hier stehe ich nun, an der Schwelle meines alten Käfigs. Und dieses Mal öffne ich die Tür.

Ja – Angst ist real.
Aber Vertrauen auch.
Vertrauen darauf, dass das Universum freundlich ist.
Dass das Leben antwortet.
Das alles, was ich brauche, bereits in mir ist.

Wir alle kennen den Satz: „Bittet, und euch wird gegeben.“
Aber die wenigsten von uns bitten wirklich – mit der Gewissheit, dass es kommen wird.
Wir halten den Samen unseres Wunsches fest, aber wir pflanzen ihn nicht.
Und ein ungepflanzter Samen kann niemals wachsen.

Heute pflanze ich ihn.
Nicht perfekt. Nicht ohne Zittern.
Aber mit Aufrichtigkeit und Vertrauen.

Denn die Zeit ist jetzt.
Denn ich bin es leid, meine Kraft an Angst und Zweifel zu verschenken.
Denn irgendwo da draußen braucht vielleicht jemand genau diese Geschichte.
Denn das ist meine Geschichte.
Und ich bin endlich bereit, sie zu leben.

Die Illusion der Angst – und die Kraft, sich neu zu entscheiden

Angst ist unglaublich mächtig. Sie tritt nicht als Monster auf – sondern schleicht sich leise ein: als Zweifel, Unsicherheit, Zurückhaltung. Sie dringt in unsere Gedanken, in unsere Geschichten, in unsere Beziehungen – bis wir vergessen, wer wir eigentlich sind. Angst schreit nicht – sie flüstert, bis wir ihr ganz glauben. Sie lähmt uns und lässt uns denken, wir seien gefangen. Dass Veränderung unmöglich ist. Dass der Horizont unerreichbar bleibt.

Gestern arbeitete ich mit einem sehr gutmütigen Mann. Seine sanfte Stimme und seine Schwierigkeiten, sich klar auszudrücken, verrieten sofort seine Unsicherheit. Ich erkannte mich in ihm wieder – in einer früheren Version von mir. Ich wusste genau, wie es sich anfühlt, wenn man sich selbst nicht mehr spürt. Wenn man sich klein macht, um sicher zu bleiben.

Ich glaubte früher, ich sei eben so. Dass ich einfach nicht zu den Starken gehöre. Selbst meine Mutter sagte oft: „Solange die Menschen, die sie liebt, bei ihr sind, geht es ihr gut.“ Aber war das wirklich alles, was das Leben für mich bereithielt?

Dieser Mann erinnerte mich an mein früheres Ich. Ich weiß, wie schmerzhaft es ist, sich mit seinen Ängsten zu identifizieren, bis man denkt, sie seien wahr. Bis man vergisst, dass sie nur eine Brille sind – nicht die Realität.

Er erzählte mir, wie ungerecht er behandelt worden war. Und erstaunlicherweise erzählte er mir genau meine Geschichte – wortwörtlich. Dasselbe war mir vor Jahren in einem Team passiert, das mich ausgeschlossen hatte. Ich kannte diesen Schmerz. Das Bedürfnis, darüber zu sprechen. Und dann noch tiefer hineinzugraben. Jemand muss dafür bezahlen, dachte ich damals.

Doch je mehr er sprach, desto kleiner wurde er. Und obwohl ich Mitgefühl empfand, spürte ich gleichzeitig, dass ich innerlich stärker war. Ohne es bewusst zu wollen, behandelte ich ihn plötzlich wie jemanden, der unter mir stand. Er versuchte, die Führung im Raum zu übernehmen – immerhin war er derjenige, der die Gruppe sonst leitete. Doch ich spürte: Er hatte seine Kraft abgegeben.

Das war ein Schlüsselmoment. Wir sehen die Welt nicht, wie sie ist – wir sehen sie, wie wir sind. Und die Welt antwortet entsprechend. Neville Goddard sagte: „Jeder ist du – nach außen gedrückt.“ Unsere äußere Realität spiegelt immer unser inneres Selbstbild.

Wenn du glaubst, dass man dich übersehen wird – wird man es tun.
Wenn du glaubst, dass du machtlos bist – wird dein Leben das widerspiegeln.
Wenn du glaubst, du bist der Liebe oder Fülle nicht würdig – wirst du in diesem Schatten leben.

Aber Angst ist keine Wahrheit. Sie ist eine Verzerrung. Ein Filter. Und unsere Wahrnehmung – das, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten – formt unsere Realität.

Sogar heute Morgen habe ich es wieder gespürt. Ich sah meinen Kontostand – und er war niedriger als erwartet. Sofort kam eine Welle von Angst. In meinem Kopf lief ein Film ab: Was wird jetzt? Wie viel muss ich arbeiten? Was, wenn es nicht reicht?

Doch wie Byron Katie sagt: „Kannst du absolut sicher sein, dass das wahr ist?“

In genau diesem Moment – hier und jetzt – hatte ich ein Dach über dem Kopf, etwas zu essen, Ruhe, Wärme. Und doch lebten meine Gedanken in einem beängstigenden Zukunftsszenario, das noch gar nicht eingetreten war. Genau das ist Angst – sie entreißt uns dem gegenwärtigen Moment und wirft uns in eine Illusion.

Ich sehe das auch oft bei den Kindern in der Kita. Sie spielen Rollen, probieren Identitäten aus. So stellen sie sich vor, wer sie werden wollen. Und irgendwo auf dem Weg ins Erwachsenenleben vergessen wir das. Wir vergessen, dass wir immer noch wählen dürfen. Dass wir unsere Geschichte jederzeit umschreiben können.

Wir glauben plötzlich, wir sind unsere Angst.
Wir glauben, wir sind unser Trauma.
Wir glauben, wir sind das, was man uns erzählt hat.

Aber das sind wir nicht. Wir sind die, die entscheiden. Immer.

Und wenn wir das vergessen, geben wir unsere Macht ab – an Menschen, Situationen, Zahlen auf dem Bildschirm.

Also frage dich:

  • Wovor hast du Angst?

  • Welche inneren Gespräche führst du immer wieder?

  • Welche neue Version von dir wartet darauf, geboren zu werden?

  • Wo spielst du noch das Opfer, obwohl du längst der Held deiner Geschichte sein könntest?

  • Wo gibst du deine Kraft an andere ab?

  • Wo lässt du deine Ängste das Ruder übernehmen?

Angst verschwindet nicht durch Kampf. Sie löst sich auf durch Bewusstsein.

Kehre zurück zu diesem ruhigen Ort in dir – der stille Punkt inmitten des Sturms. Er ist immer da, wartend. Und von dort aus kannst du dich neu entscheiden.