Den Funken wiederfinden

Ich hörte einmal jemandem sagen, dass wir alle, als wir klein waren, eine brennende Flamme in uns trugen. Kinder sind von Natur aus glücklich und neugierig. Sie fühlen nicht, dass etwas mit ihnen nicht stimmt. Sie spielen und träumen davon, alles sein oder haben zu können.

Ich arbeite mit Kindern und beobachte sie jeden Tag. Ich sehe, wie sie spielen und sich darin üben, erwachsen zu werden. Es ist interessant, ihnen zuzuhören. Ich kann genau erkennen, wie sie durch ihr Zuhause oder andere Bezugspersonen geprägt werden.

Doch mit dem Erwachsenwerden wird die Flamme, die einst so hell in uns brannte, oft kleiner. Uns wird gesagt, wir sollen aufhören zu träumen und realistisch werden. Wie oft enden Menschen damit, etwas zu tun, das sie nicht wollten, nur weil ihnen davon abgeraten wurde, ihrem Herzen zu folgen?

Wie oft wurde uns als Kinder gesagt, dass wir „zu dies“ oder „zu das“ sind? Hör auf, faul zu sein. Mach, was ich dir sage – sonst bist du nicht richtig. Ich erinnere mich an solche Momente. Vor allem bei den älteren Generationen, die durch ihre Lebensumstände selbst nicht tun konnten, was sie wollten. Man lebt dann oft ein Leben, in dem man vergisst, wer man eigentlich einmal sein wollte. Und langsam aber sicher wird die Flamme, die einst brannte, klein und kaum noch zu erkennen.

Auch ich musste meine Flamme wiederfinden – nach vielen Jahren, in denen ich einfach nur tat, was mir gesagt wurde. Erst in meiner Kindheit, dann in meiner Ehe. Ich musste herausfinden, dass ich Rechte habe.

Ich erinnere mich, wie ich mit neun Jahren von meiner Mutter in ein Krishna-Internat nach Frankreich gebracht wurde. Der Tempel in Schweden hatte keine Schule für uns Kinder. Ich war bereits auf vielen öffentlichen Schulen gewesen, und es war sehr stressig für mich. Also fuhren wir nach Frankreich – meine Mutter, mein Bruder, mein Stiefvater und ich – in einem VW-Käfer. Wir übernachteten bei Freunden, und ich erinnere mich, wie ich dort den Film „I’m Singing in the Rain“ mit Fred Astaire tanzend sah. Eine der letzten weltlichen Erfahrungen für eine lange Zeit. Ein kleiner Schwarz-Weiß-Fernseher.

Als meine Mutter mich einen Monat später verließ, wusste ich, ich musste stark sein. Ich wollte es ihr nicht noch schwerer machen. Ich hörte auf, mich um meine eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Die Bedürfnisse anderer wurden wichtiger. Dabei hätte ich mir nichts sehnlicheres gewünscht, als mit ihr im Auto zurück nach Hause zu fahren.

Doch ich entschied mich, das zu erfüllen, was ich für meine Pflicht hielt. Das war der Beginn eines langen Musters in meinem Leben, andere und ihre Bedürfnisse über meine eigenen zu stellen. Wenn ich jemals darüber nachdachte, meinen Raum einzunehmen, mich selbst zu verteidigen oder für mich einzustehen, kamen Schuldgefühle. Schuld und Scham – zwei große Schatten, die viele Menschen in sich tragen. Und doch haben sie noch nie jemandem geholfen, sich wirklich besser zu fühlen.

Ich fand in Frankreich meine Nischen, kleine Inseln des Trostes, während ich nachts weinte, mich einsam fühlte. Niemand war da, auf den ich mich stützen konnte – ich musste lernen, mich auf mich selbst zu verlassen. Doch als Kind weiß man nicht wirklich, wie das geht.

So entsteht nach und nach ein inneres Bild von sich selbst. Ich dachte, ich müsse alles richtig machen, damit man mich liebt. Und so entfernen wir uns Schritt für Schritt von der Flamme, die einst in uns brannte.

Als Erwachsene kreisen unsere Gedanken in Schleifen alter Glaubenssätze – so laut, dass wir uns selbst nicht mehr hören. Wir haben verlernt, unsere Muster zu hinterfragen. Verlernt, im Regen zu tanzen oder uns über die kleinen, wundervollen Dinge zu freuen.

Dabei gibt es so viele davon.

Stattdessen konzentrieren wir uns auf das Schwere, das Belastende. Und vergessen zu fragen: Was würde ich stattdessen erleben wollen? Ein Kind fragt nicht – es stellt sich das Leben vor, wie es sein soll. Ohne Logik, ohne „man darf nicht“.

Wenn wir glücklich sein wollen, müssen wir zu dieser inneren Stimme zurück. Zu dem Ort, an dem wir uns einst verloren – und uns wiederfinden dürfen. Je mehr wir die Monster der Vergangenheit mit Angst und Zweifel füttern, desto größer werden sie.

Deshalb müssen wir sie beobachten lernen. Erkennen, dass wir es sind, die sie beobachten – dass wir die sind, die fühlen. Und genau darin liegt unsere Macht: Zurückzukehren zur ursprünglichen Flamme, die stark, warm und klar in uns brennt.

Denn es gibt keinen Weg zum Glück. Wir selbst sind der Weg zum Glück.

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