Als ich das Schokoladengeschäft am Flughafen betrat, roch alles süß – eine warme Mischung aus Zucker, gerösteten Nüssen und einem Hauch von Butter in der Luft. Eine leicht rundliche Frau Mitte vierzig mit lockigem, rotem Haar und einem fröhlichen Gesicht wartete mit einem breiten Lächeln auf mich. Sie begrüßte mich herzlich und führte mich direkt in die Umkleidekabine.
Dort überreichte sie mir eine Uniform – ein elegantes Kleid und ein Halstuch, das ich mir umbinden sollte. Ich war es gewohnt, im Tempel bestimmte Kleidung zu tragen. Für mich war es völlig normal, sich durch bestimmte Kleidung zugehörig zu fühlen – als Zeichen des Dienens und der Gemeinschaft. Doch nun befand ich mich in einer ganz anderen Welt.
Hinter dem Verkaufstresen zu stehen, umgeben von Pralinen, belegten Broten und glänzenden Keksen, ließ mich vollkommen verloren fühlen. Die Angst, Fehler zu machen, war riesig, und ich tat alles, um zu zeigen, wie bereitwillig ich war zu lernen. Ich dachte wirklich, es sei ein Wunder, dass sie mich nicht gleich wieder nach Hause schickten.
Es war anfangs eine echte Herausforderung für mich, an der Kasse zu arbeiten. Ich wusste nicht, wie man mit Geld umging – vor allem nicht mit den verschiedenen Währungen, die es damals noch gab. Ich konnte nicht richtig rechnen – nicht, weil ich dumm war, sondern weil ich es einfach nie richtig gelernt hatte. Die anderen Frauen sahen mich an, als käme ich von einem anderen Planeten.
Ich wurde eingeteilt, um Pralinen und Süßigkeiten abzuwiegen und in kleine Schachteln zu verpacken – und ich wusste nicht einmal, was „Tara“ bedeutete. Alles war so neu, so fremd, so überwältigend. Ich war ängstlich, unsicher und fühlte mich komplett fehl am Platz.
Aber ich wusste: Ich musste weitermachen.
Als ich meinen ersten Lohn bekam, fühlte es sich unwirklich an. Ich hatte in meinem Leben noch nie so viel Geld verdient – und ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, was ich damit anfangen sollte. Es war mir unangenehm. Ich fühlte mich schuldig, als wäre ich es nicht wert. Es war alles so ungewohnt.
Die anderen Frauen waren überrascht von mir. Ich fragte ständig um Hilfe. Ich war verletzlich, nervös und beschämt. Doch ich spürte, dass sie neugierig auf mich waren – und zu meiner Überraschung waren sie freundlich. Sie halfen mir. Schritt für Schritt wurde ich eine von ihnen.
Trotzdem bewegte ich mich vorsichtig. Ich hatte gelernt, dass ich mich unterordnen musste, um akzeptiert zu werden. Ich glaubte, ich müsse meine „Tauglichkeit“ beweisen, um Liebe zu verdienen. Diese Angst vor Ablehnung trug ich tief in mir. Ich musste perfekt sein, durfte keine Fehler machen. Ich war streng mit mir selbst.
Was für eine enge Welt, in der man nur dann Wert spürt, wenn andere einen bestätigen.
Und doch: Trotz all dem spürte ich etwas Neues – Würde. Ich hatte eine Entscheidung für mich selbst getroffen. Ich hatte den ersten Schritt ins Unbekannte gewagt. Ich war nicht länger nur Hausfrau, die im Leben eines anderen lebte. Ich begann, jemand Eigenes zu werden.
Auch privat veränderte sich vieles. Nicht alles lief gut. Aus Angst, andere zu verletzen, traf ich Entscheidungen, die ich später bereute. Ich wollte es allen recht machen – und am Ende verletzte ich mich selbst am meisten. Und leider auch meinen Sohn. Aber ich sehe das heute mit Mitgefühl für die Frau, die ich damals war. Ich kam aus dem Chaos. Ich tat mein Bestes mit dem, was ich gelernt hatte.
Dieser Job, dieser Moment, war der Beginn eines inneren Aufbruchs. Ich begann zu erkennen, dass das Bild, das ich von mir hatte, geprägt war von meiner Vergangenheit – nicht von meinem wahren Selbst.
Wie Neville Goddard sagte:
„Wie innen, so außen.“
Wir erleben die Welt durch das Bewusstsein, das wir über uns selbst haben – und dieses Bewusstsein färbt, wie wir Menschen, Situationen und das Leben wahrnehmen. Wenn wir Angst und Selbstzweifel in uns tragen, wird uns die Welt genau das widerspiegeln.
Ich hatte nie gelernt, in der Gesellschaft einen Platz einzunehmen. Ich glaubte, ich sei nicht wichtig. Ich dachte, ich müsse mich beweisen, um geliebt zu werden. Und so machte ich mich klein.
Doch dieser erste Schritt – der Job im Schokoladengeschäft, der Mut, „Ja“ zu sagen – war der Anfang von etwas Neuem. Es war der erste Schritt in ein größeres Leben.
Und so begann meine Reise – nicht nur in Richtung Unabhängigkeit, sondern auch zurück zu meinem wahren Selbst.